Смекни!
smekni.com

Zusammenspiel der Realiatete als eines der Hauptprinzipien des Sujetaufbaus im Roman Stiller von Max Frisch (стр. 5 из 7)

Der dritte Punkt, in dem er sich als Versager fuehlt, ist sein Beruf, die Bildhauerei; ob zu Recht oder nicht, kann aus dem Text nicht eindeutig erschlossen werden. Mr. White schreibt darueber: "Wie begabt er nun ei­gentlich war, ihr verschollener Stiller, daruber gingen die Meinungen offenbar von Anfang an auseinander, und es gab Leute, die ihn nie fuer einen Kuenstler hielten" (Frisch 1992: 91). Sibylle dagegen ist beim Blaettern in seinem Skizzenbuch "bestuerzt im Gefuehl, sich in einen Meister verliebt zu ha­ben" (Frisch 1992: 263) Stiller selbst jedenfalls glaubt, in der Kunst versagt zu haben, und zerschlaegt ja auch, heimgekehrt, bei einem Lokaltermin alle seine Werke. Allerdings darf man in dieser Handlung nicht nur eine Auseinandersetzung mit seiner Kunst sehen, er versucht vielmehr ein letztes Mal seine Vergangenheit zu zerschlagen, um von ihr frei zu werden.

"Julika scheint erwartet zu haben, mein Gestaendnis liege bereits vor, […]." (Frisch 1992: 366)

"Noch immer mit der warmen Ruhe der Zuversicht versuche ich Julika zu erklaeren, warum sie, so sie mich wirklich liebt, kein Gestaendnis von mir braucht, dass ich ihr verschollener Gatte sei." (Frisch 1992: 367)

"[…], nach einigem Warten, […], erhebe ich mich, spuere ploetzlich sehr schwere Beine, staube meinen Mantel ab, um Zeit fuer irgendeine gluecklichere Wendung zu lassen, gehe endlich zur Tuere, […], die geschlossen ist. Geschlossen." (Frisch 1992: 368)

""Da!"-lache ich vor Wut, die mich im Grunde doch nicht verlassen hat, und reisse so ein Sacktuch ab, ratsch, und wie erwartet: lauter Staub, von keinem Verteitiger zu halten, ein Gebroesel von trockenem Lehm, und das naechste ebenso, Mumien, nichts als Mumien, das ist aber auch alles, was von ihrem verschollenen Stiller sich haelt, der Rest ist Erde, wie der Pfarrer sagt, ein paar graubraune Klumpen auf dem Boden, vor allem aber eine Wolke von braunem Staub, wenn ich die Sacktuecher schuettle." (Frisch 1992: 370)

War das Gefuehl, in dreifacher Hinsicht versagt zu haben, der Grund fuer Stillers Flucht nach Amerika, so lohnt es sich zu fragen, ob es ihm dort gelungen ist, sich ein neues Leben und eine neue Identitaet mit sich selbst aufzubauen. Dem naiven Waerter Knobel gegenueber, der seine Erzaehlungen staunend und glaeubig anhoert, zeichnet er ein Gegenbild: einen erfolgreichen Mann, der sich ohne Hemmungen nimmt, was er haben moechte, und der Glueck bei den Frauen hat. So ermordet er den Haaroel-Gangster Schmitz mit dem Dolch, weil "dem in einem ordentlichen Rechtsstaat nicht beizukommen ist" (Frisch 1992: 25); rettet eine Mulattin aus dem brennenden Saegewerk, erschiesst ihren Mann Joe: "Liebst du mich oder liebst du ihn?[…] Und Schuss. Und kein Wort mehr von Joe" (Frisch 1992: 52).

Die Wirklichkeit seines Amerika-Aufenthaltes hat offenbar anders ausgesehen. Wenn man auch nur wenig ueber Stillers Leben dort erfaehrt, so wird doch deutlich, dass er seine Vergangenheit, insbesondere seine Schuldgefuehle gegenueber seiner Frau, auch hier nicht abschuetteln kann. Sinnbild dieser Bindung an die Vergangenheit ist die Geschichte von der Katze, die leitmotivisch das Tagebuch durchzieht. Wenn wir die Gestalt von "Little Grey" in die Analyse miteinbeziehen, koennen wir feststellen, dass White in diesem Bild symbolisch fuer Stiller steht. Die Beziehung von White zu seiner Katze zeigt Interpetationsmoeglichkeiten bezueglich derselben zu den Beziehungen von Stiller und Julika. Es war in Oakland/ California, und er durfte im Hause wohnen, wenn er dafuer die Katze fuetterte. Wenn sie ihn stoerte, warf er sie hinaus. Doch sie fand wieder ins Haus: "Es wurde ein Kampf um Ausdauer… weil sie um meine Huette jaulte und mich der ganzen Nachberschaft verschrie… Ihr Blick drohte mit sterben…"(Frisch 1992: 62)

Es ist genauso wie bei Julika, durch deren Krankheit er sich an sie gefesselt fuehlt. Auch das Gefuehl der eigenen Minderwertigkeit gegenueber Julika uebertraegt er auf die Katze:"Sie lebte… wenn auch mit der Miene einer Siegerin…" (Frisch 1992: 339)

Die Tatsache, dass Stiller die Katze einmal in dem Eisschrank eingesperrt hat, koennte Julika's Frigiditaet symbolisieren, ueber die sich Stiller im Nachwort bei Rolf beklagt.

Er wird die Katze, die er einmal als "Vorbote(n)" bezeichnet (61) und die er innerlich mit seiner Frau in Beziehung setzt (Frisch 1992: 339), ebenso wenig los wie seine Vergangenheit.

Den letzten verzweifelten Schritt, damit zu brechen, stellt der Selbstmordversuch dar, den Stiller zwei Jahre vor seiner Rueckkehr in die Schweiz unternimmt. Es ist der Versuch, "ein Leben, das nie eines gewesen war" (Frisch 1992: 381), von sich zu werfen. Der Schmerz und der Schrecken, die hinterher einsetzen, zeigen ihm, dass er lebt; er nennt dieses Erlebnis seinen Engel. Nun will er so leben, "dass ein wirklicher Tod zustandekommt" (Frisch 1992: 381), das heisst, dass er mit sich selbst identisch wird. Stiller kann ueber dieses Erlebnis nur in Andeutungen berichten, es "ist nicht verbalisierbar, dabei ist gerade darin seine tiefste Erkenntnis ueber sich selbst begruendet" (Tildy 1967: 23). Das Gefuehl, von diesem Zeitpunkt an ein neues Le­ben begonnen zu haben, "die bestimmte Empfindung, jetzt erst geboren worden zu sein" (Frisch 1992: 381), ist der tiefste und meiner Meinung nach der eigentliche Grund, weswegen der Heimkehrer sich weigert seinen frueheren Namen wieder anzuneh­men. Denn damit geriet er unweigerlich wieder in sein frueheres Leben hinein, ubernaehme eine Rolle, in die er nicht mehr passt. Niemand ist naemlich bereit in ihm einen neuen, gewandelten Menschen zu sehen, jeder sucht in ihm nur die Zuege des Anatol Stiller, die er von frueher her kennt. Darum heisst es schon auf S. 49: "Ich bin nicht ihr Stiller [...] Wozu mein Geflunker? Nur damit sie mir meine Leere lassen, meine Nichtigkeit, meine Wirklichkeit, denn es gibt keine Flucht, und was sie mir anbieten, ist Flucht, nicht Freiheit, Flucht in eine Rolle". (Frisch 1992: 49)

" Es gibt keine Flucht" - dieser Satz taucht immer wieder auf und diese Einsicht ist eine der Grundlagen des Romans ueberhaupt, denn weil Stiller erfahren hat, dass Flucht vor sich selbst nicht nuetzt, um mit sich selbst fertig zu werden, kehrt er in die Schweiz zurueck. Aber mit der Rueckkehr in die Schweiz ist die Flucht vor sich selbst noch nicht aufgehoben, denn der Gefangene weigert sich die Identitaet mit dem Verschollenen zu gestehen.

Max Frisch hat in seinem Roman eine innere, psychische Situation, naemlich die Flucht vor sich selbst als eine aeusserliche Situation dargestellt. Der Roman ist eine Darstellung eines Ich-Zerfalls und zugleich der Versuch der Wiederherstellung, der Heilung durch Selbstsuche. Gleich mit dem Beginn des Romans faengt diese Selbstsuche an und in dieser Ausseinandersetzung mit sich selbst liegt die psychoanalytische Faerbung des Romans.

"Was Frisch hier darstellt, ist tatsaechlich eine Art Selbstanalyse als Reaktion auf das Scheitern der Flucht vor sich selbst, und diese Selbstanalyse hat sehr viel Aehnlichkeit mit der psychoanalytische Therapie" (Wesstein 1967: 256)

3. Der amerikanische und der schweizerische Text im Roman. Versuch einer vergleichenden Analyse

Das Zusammenspiel der Realitaeten kann aus einer anderen Sicht untersucht werden, die aber von dem Begriff der Mehrschichtigkeit in "Stiller" nicht wegzudenken ist. Das ist die Opposition 'die Schweiz- Amerika', wo Amerika aus Stillers Perspektive fuer die Welt der Flucht steht und die Schweiz der Ort seines Versagens ist.

Bei der kritischen Darstellung der Schweiz muss zwischen der Stillers und der Whites unterschieden werden, das heisst zwischen den kritischen Aeusserungen Stillers vor seiner Flucht nach Amerika, die von anderen Personen berichtet werden, und denen, die der Ich- Erzaehler in der Gegenwart selbst ausspricht.

Im Rahmen der vorliegenden Analyse ist gerade Whites Position gegenueber der Schweiz von Bedeutung, insbesondere in ihrer Opposition zu Amerika, weil sie zu einem Instrument des Zusammenspieles zwischen Fakt und Fiktion wird.

Die Gesellschaftskritik Mr. Whites ist durch die Form bestimmt. Der Ich- Erzaehler tritt als Amerikaner auf, er schildert die Welt, die er sieht, quasi von aussen, als Fremder, wenn er schreibt: " Zuerich koennte ein reizendes Staedchen sein" (Frisch 1992: 77) (und darin liegt schon eine gewisse Kritik), wenn er Zuericher Grossmuenster "eine Art kleine Kathedrale" nennt, so glaubt man zunaechst, White sei wirklich ein Fremder. Allmaehlich aber gewinnt seine Kritik an der Schweiz eine Schaerfe, wie sie ein Fremder wohl nicht aufbraechte. Der Verteitiger nimmt es auch als Beweis dafuer, dass sein Mandant Schweizer und somit der gesuchte Stiller ist.

" Sie wollen mir nur vormachen, dass Sie kein Schweizer sind und somit nicht Stiller", sagt er, " aber Sie werden mir nichts vormachen; ihr Hass gegen die Schweiz beweisst mir noch lange nicht, dass Sie kein Schweizer sind. Im Gegenteil!" ruft er, da ich lache, " gerade damit verraten Sie sich." (Frisch 1992: 196)

Der Tagebuchschreiber betont jedoch, dass seine Kritik eigentlich nicht der Schweiz gelte: " Ich hasse nicht die Schweiz, sondern die Verlogenheit" (Frisch 1992: 196). Diese Erscheinung ist keinesfalls auf die Schweiz beschraenkt, entzuendet aber stets die Kritik an den Schweizer Verhaeltnissen. Sie scheinen alles zusammenzufassen, was Stiller an der buergerlichen Gesellschaft ueberhaupt kritiesiert. Das haengt wohl mit der Funktion zusammen, die die Schweiz fuer ihn und seine Identitaetsfindung hat. So meint Jurgensen: " Stillers Gesellschaftskritik ist ein wesentlicher Bestandteil seiner Selbstanalyse" (Juergensen 1972: 80)


3.1 Die raeumliche Perspektive

Der Schweiz, deren raeumliche und geistige Enge Stiller ein Aergernis ist, wird im Roman ein Gegenbild gegenuebergestellt: Amerika, Sinnbild der Weite, des urspruenglichen, nicht genormten Lebens.

In folgenden Zitaten kommt diese Gegenueberstellung durch die Wortwahl zum Ausdruck, wobei fuer die Schweiz Epitheta wie "klein, angemessen, genuegend" und fuer Amerika solche wie "gross, gluehend, unsaeglich, bluehend" gewaehlt werden:

"Meine Zelle- ich habe sie eben mit meinem Schuh gemessen, der nicht ganz dreissig Zentimeter hat - ist klein wie alles in diesem Land, sauber, so dass man kaum atmen kann vor Hygiene, und beklommend gerade dadurch, dass alles recht, angemessen und genuegend ist." (Frisch 1992: 15-16)

"Ich sitze in meiner Zelle, Blick gegen die Mauer, und sehe die Wueste. Beispielsweise die Wueste von Chihuahua. Ich sehe ihre groesse Oede von bluehender Farben, wo sonst nichts anderes mehr blueht, Farben des gluehenden Mittags, Farben der Daemmerung, Farben der unsaeglichen Nacht." (Frisch 1992: 26)

Stiller versucht dem engen und konventionellen Leben in Europa zu entfliehen und auf dem neuen Kontinent ein freieres Leben zu beginnen. Allerdings soll diese Deutung eingeschraenkt werden: Sie gilt im "Stiller" vor allem fuer Mexiko. Was Stiller fasziniert, ist nicht nur die Weite, die metaphorisch fuer seelische Freiheit steht, sondern auch die Selbstverstaendlichkeit, mit der die Menschen in Mexiko dem Leben und Tod gegenueberstehen. Der Erinnerung an den Totentag in Mexiko wird kurz darauf der Besuch auf dem Friedhof in Zuerich am Grabe der Mutter gegenuebergestellt: hier die wortlose Hilfslosichkeit zweier Protestanten gegenueber dem Phaenomen des Todes, dort der selbstverstaendliche Einklang von Leben und Tod.

" Ich muss […] an den Totentag denken, wie ich ihn auf Janitzio sah, an die indianischen Muetter, wie sie auf den Graebern kauern die ganze Nacht, alle in ihren festlichen Trachten, sorgsam gekaemmt wie fuer die Hochzeit, und scheinbar geschieht ueberhaupt nichts, der Friedhof ist eine Terrasse ueber dem schwarzen See[..], ein Friedhof ohne einen einzigen Grabstein oder sonst ein Zeichen […], dazu die Teller mit allerlei Speisen, die mit einem sauberen Tuechlein bedeckt ist, vor allem aber das sonderbare Ding, das mit weihnachtlicher Liebe gebastelt worden ist, ein Gestell aus Bambus, daran das Gebaeck und Blumen, die Fruechte, das bunte Zuckerzeug." (Frisch 1992: 319)

"Das Grab der Mutter: - wie Graeber hierzulande eben sind, mit gestelltem Granit saeuberlich eingefasst, alle etwas zu kurz, so, dass man den Schrecken hat, den Toten auf den Fuessen zu stehen, dazwischen Kieswege, immergruen am Rand, in der Mitte des Grabes eine toenerne Vase, ein paar welke Astern drin, hintern dem Stein eine rosige Blechbueckse, um die Blumen zu begiessen." (Frisch 1992: 324)

Sehr viel kritischer aeussert sich der Tagebuchschreiber ueber New York. Waehrend der Staatsanwalt von der Rainbow- Bar schwaermt, erzaehlt er ihm von der Bowery, einem "Viertel, wo auch die Polizei nicht mehr hingeht, Gefilde der Verlorenen" (Frisch 1992: 176), wo er in einem betrunkenen Greis seinen Stiefvater zu erkennen glaubt. Hier zeigt sich, dass es Stiller nicht um die Gesellschaftskritik geht, sondern dass er ueberall seine persoehnliche Problematik sieht. Dies geht auch vor allem aus der Schilderung seiner ersten Eindruecke nach der Landung hervor, wo es heisst:

" Ich sah die Praerie, die Schlaechtereien von Chikago, die Mormonen, die Indianer, die groesste Kupfergrube der Welt […]." Und doch verfolgt ihn der Gedanke an seine " grazile Balletteuse". (Frisch 1992: 338)

Diese Stelle im Roman zeugt davon, dass der Ankoemmling, der von seinem frueheren Leben flieht, seine Identitaet leugnet, trotzdem seine Vergangenheit mit seiner Gegenwart vergleicht, mit anderen Worten sie nicht loswird.

3.2 Die zeitliche Perspektive

Wie gesagt, kann der Tagebuchschreiber seine Vergangenheit nicht abschuetteln. Diese Tatsache widerspiegelt sich auch auf der Zeitebene, wo Vergangenheit und Gegenwart ineinander verflochten bleiben. Dadurch entstehen Brechungen, sodass sich Ereignisse gegeseitig spiegeln und erhellen.

Keine chronologisch erzaehlte Handlung ist im Roman vorhanden, sondern ein kompliziertes Geflecht mehrerer Zeitebenen. Die Vergangenheit wird in Form von Rueckerinnerungen und Berichten in die Gegenwart hereingeholt und mit ihr konfrontiert.

"Ich soll mein Leben erzaehlen, und wenn ich versuche, mich verstaendlich zu machen, sagen sie: Hirngespinste! […]. Mein Verteidiger hoert zu, solange ich von meinem Haus in Oakland rede, von Negern und anderen Tatsachen; sowie ich zur wahren Geschichte komme […] putzt mein Vertedtiger sich die Fingernaegel, wartet nur darauf, mich zu unterbrechen mit irgendeiner Lappalie: "Sie hatten ein Haus in Oakland?" […] Es war vier Meter breit und dreizehn Meter lang (mein Verteitiger notiert, das ist es, was er wissen will!) und eigentlich, ganz genau zu sein, war es eher eine Schindelhuette." (Frisch 1992: 60-61)

In diesem Zusammenhang kann man behaupten, dass die Zeit zum Objekt und zugleich zum Instrument im Zusammenspiel der Realitaeten wird.

Wenn wir die Zeitstruktur des Romans unter die Luppe nehmen, ist auch in erster Linie zwischen dem schweizerischen und amerikanischen/ mexikanischen Text zu unterscheiden. Fuer das, was aus Amerika berichtet wird, ist keine genaue Datierung festzulegen, mit Ausnahme des Selbstmordversuchs, den Stiller vor seiner Rueckkehr unternimmt. White hat also keine Vergangenheit, die sich erzaehlen liesse, er gibt nur einzelne Impressionen wieder, einzelne, nicht chronologisch aufeinander folgende Erinnerungen, die sich meist auf den Aufenthalt in Mexiko beziehen. Diese Mexiko-Erinnerungen sind haeufig im Praesens geschrieben, ein Zeichen fur eine Art Zeitlosigkeit des dortigen Lebens.

Im Unterschied dazu ist fuer den 'schweizerischen Text' eine andere Zeitform, das Praeteritum, charakteristisch.

"Auf dem Tischlein standen drei Rosen, alles im Preis inbegriffen und alles, versteht sich, bei Kerzenlicht." (Frisch 1992: 298)

"Mexiko! Man erinnert sich an Farbfilme, und genauso ist es, malerisch, sehr malerisch, und doch, in Wirklichkeit, gibt es Augenblicke, wo man sich ploetzlich fuerchtet. Es stinkt nach einem toten Hund. Kinder sitzen mit nacktem Hintern auf dem Unrat, auf dem Faeulnis alter Fruechte. Auf dem Boden liegt die Ware, ich sehe sie noch heute: Bohnen und Erbsen, Nuesse, Fruechte, die ich zum erstenmal sehe. " (Frisch 1992; 29)

Es sind die Impressionen eines rollenlosen, entindividualisierten Ichs, (Lusser- Mertelsmann 1976: 62) das keine Vergangenheit und keine Zukunft kennt. Diese gewissermassen zeitlose Existenzweise wird auch vom Tagebuch-Ich uebernommen, das entgegen dem ueblichen Gebrauch seine Eintragungen ohne Datum vornimmt. Wir koennen zwar den Fruehherbst 1952 als Da­tum der Rueckkehr festlegen, erfahren aber nicht genau, wie lange die Untersuchungshaft dauert.